Kommentar | Samstag der 7. Osterwoche | Apg 28,16...31

MITTAGSGEBET | SAMSTAG | 30.05.20

Lesung aus der Apostelgeschichte (28,16...31)

16Nach unserer Ankunft in Rom erhielt Paulus die Erlaubnis, für sich allein zu wohnen, zusammen mit dem Soldaten, der ihn bewachte.

17Drei Tage später rief er die führenden Männer der Juden zusammen. Als sie versammelt waren, sagte er zu ihnen: Brüder, obwohl ich mich nicht gegen das Volk oder die Sitten der Väter vergangen habe, bin ich von Jerusalem aus als Gefangener den Römern ausgeliefert worden. 18Diese haben mich verhört und wollten mich freilassen, da nichts gegen mich vorlag, worauf der Tod steht. 19Weil aber die Juden Einspruch erhoben, war ich gezwungen, Berufung beim Kaiser einzulegen, jedoch nicht, um mein Volk anzuklagen. 20Aus diesem Grund habe ich darum gebeten, euch sehen und sprechen zu dürfen. Denn um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Fesseln. 30Er blieb zwei volle Jahre in seiner Mietwohnung und empfing alle, die zu ihm kamen. 31Er verkündete das Reich Gottes und trug ungehindert und mit allem Freimut die Lehre über Jesus Christus, den Herrn, vor.

Kommentar zur Lesung

Liegt es einfach an seinem glücklichen Charakter? Ist es er nun mal ein geborener Optimist? Wie schafft es nur der Hl. Paulus und mit ihm seine Begleiter, die mit ihm kreuz und quer durch die Apostelgeschichte reisen, sich immer wieder und trotz allem diesen erstaunlichen, ja geradezu hartnäckigen Blick der Hoffnung auf alles und jedes zu bewahren - obwohl die Umstände doch eigentlich eine absolut andere Sprache sprechen: Paulus, als Gefangener gerade nach Rom gebracht, als Gefesselter ständig bewacht; sein Versuch, den Juden den Glauben an Jesus den Christus zu vermitteln: nun ja, eher gescheitert als strahlend erfolgreich. Und am Horizont jetzt: eine weitere Gefangenschaft, die dann auch mit dem Martyrium enden wird.

Und dennoch endet heute das Buch der Apostelgeschichte mit diesem ruhigen, souveränen Satz:

„Er trug ungehindert und mit allem Freimut die Lehre über Jesus Christus, den Herrn, vor.“ Woher hat er denn eine solche Gewissheit, eine so große, beneidenswerte innere Freiheit? Weder Gefangenschaft noch Fesseln, weder Misserfolg noch frustrierende Mühen, weder Kontaktbeschränkungen noch schrittweise Lockerungen sind ein wirkliches Hindernis auf dem Weg der Frohen Botschaft, die sich immer ihren Weg bahnt und immer das letzte, hoffnungsschwere Wort hat. Paulus weiß sich im Grunde nur gebunden durch den Heiligen Geist (Apg 20,22), und das ist wohl sein einziges Geheimnis:

Man muss wissen, an Wen man sich bindet.

Man muss wissen, von Wem man gehalten, geführt und wirklich freilassend geliebt wird!

Für diese Wahrheit ist Paulus unterwegs und wirft sein ganzes Leben in die Waagschale.

Wer sich an Christus bindet, dessen Leben wird wie zu einer Quelle, die unaufhörlich aus sich selbst herausgeht und sich übersteigt und sich hineinreißen lässt in das Wehen und die große Freiheit des Geistes, der schon längst begonnen hat, das All zu erfüllen. Was darum auch immer unsere eigenen Fesseln heute sein mögen - was uns klein hält und zurückhält und vielleicht Angst macht: das wird der Geist mit der Osterfreude durchdringen und weit machen, denn an Ostern hat uns Christus ja zur Freiheit befreit (Gal 5,1)! Er hilft uns, inmitten der Umwälzungen und Veränderungen in dieser Welt frei zu bleiben, um Christus wirklich nachzufolgen. Er ist es, der mit unserem Leben die Geschichte der Apostel, die wir ja auf unsere Weise sein möchten, weiterschreibt. Und wenn es uns dann doch eines hoffnungslosen Tages einmal passieren sollte, dass wir tatsächlich mit unserem Latein am Ende sind, dann ist es vielleicht höchste Zeit, uns wieder dieses uralte Gebet zu eigen zu machen:

Veni Sancte Spiritus!

Komm, Heiliger Geist!