Kommentar am Ostersamstag | Apostelgeschichte 4,13-21

MITTAGSGEBET | OSTERSAMSTAG | 18.04.20

Lesung aus der Apostelgeschichte (4,13-21)

13Als sie den Freimut des Petrus und des Johannes sahen und merkten, dass es ungelehrte und einfache Leute waren, wunderten sie sich. Sie erkannten sie als Jünger Jesu, 14sahen aber auch, dass der Geheilte bei ihnen stand; so konnten sie nichts dagegen sagen. 15Sie befahlen ihnen, den Hohen Rat zu verlassen; dann berieten sie miteinander 16und sagten: Was sollen wir mit diesen Leuten anfangen? Dass offensichtlich ein Wunder durch sie geschehen ist, ist allen Einwohnern von Jerusalem bekannt; wir können es nicht abstreiten. 17Damit aber die Sache nicht weiter im Volk verbreitet wird, wollen wir ihnen bei Strafe verbieten, je wieder in diesem Namen zu irgendeinem Menschen zu sprechen. 8Und sie riefen sie herein und verboten ihnen, jemals wieder im Namen Jesu zu predigen und zu lehren.

9Doch Petrus und Johannes antworteten ihnen: Ob es vor Gott recht ist, mehr auf euch zu hören als auf Gott, das entscheidet selbst. 20Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben. 21Jene aber drohten ihnen noch mehr und ließen sie dann gehen; denn sie sahen keine Möglichkeit, sie zu bestrafen, mit Rücksicht auf das Volk, da alle Gott wegen des Geschehenen priesen.

Kommentar zur Lesung

Ein Wort aus der heutigen Lesung lässt sich nur schwer übersetzen, und zwar das Anfangswort: Freimut, im griechischen Original Parresia. Schon die deutschen Übersetzungen zeigen eine Mehrdeutigkeit: Sicherheit, Unerschrockenheit, Standhaftigkeit, mutig reden, Offenheit, Selbstbewusstsein, Selbstsicher. Und das Wort ist nicht unwichtig, denn es kommt in der Apostel-geschichte 12 Mal vor.

Seit Mittwoch sind wir unterwegs mit Petrus, Johannes und dem geheilten Gelähmten. Gestern haben die beiden Jünger Zeugnis abgelegt vor dem Hohen Rat: Denn es ist uns Menschen kein anderer Name gegeben, durch den wir gerettet werden sollen. Heute antworten sie furchtlos auf die Bedrohung: Ob es vor Gott recht ist, mehr auf euch zu hören als auf Gott: das entscheidet selbst.

Freimut: vielleicht können wir ihn nicht so leicht mit Worten beschreiben, aber identifizieren kann man ihn immer. Man hört in diesen Antworten der Apostel die Stimme Jesu in seiner Passion: Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre. Und weiter: Warum fragst du mich, frag doch die, die mich gehört haben.

Dieser Freimut, dieses Selbstbewusstsein ist vielmehr die Erfahrung einer Befreiung.

Jesus hat durch sein ganzes Leben hindurch, nie aufgehört, Fragen zu stellen, um eine ganz persönliche, unmittelbare Glaubensantwort hervorzurufen:

Für dich, wer bin ich, Was kann ich für dich tun, Glaubst du das, Warum sucht ihr den Lebenden unter den Toten?

Diese Fragen, die mir persönlich gestellt werden, und die nur ich und ich allein beantworten kann, setzen etwas in mir frei. Meine Antwort ist weder das, was ich im kleinen Katechismus gelernt habe, noch was der Nachbar antwortet, noch der Priester. Meine Antwort ist das, was ich im Tiefsten glaube, gegenüber einem anderen, der mich fragt: Wer bin ich, Wer bist du, Was glaubst du? Durch meine Antwort, mein „das glaube ich“, werde ich, wer ich bin.

Das Selbstbewusstsein ist letztendlich vielmehr etwas wie ein „Andersbewusstsein“. Wie Jesus wusste, dass der Vater immer mit ihm ist und die Apostel genauso, erfahre auch ich, dass Gott ein Du ist, der mich anspricht und immer bei mir ist. Seine immerwährende Gegenwart ist die Sicherheit unseres Lebens. Das ist extrem wichtig, denn es gab so viele, die Johannes und Petrus nicht geheilt haben.

Und seit 2000 Jahren gibt es Seuchen, Kriege und Terrorismus, Erdbeben und Katastrophen, Skandale und Verrat. Der Glaube an Christus löst nicht alle Probleme. Die Worte des Glaubens sind keine Zauberworte, die alles Leiden beseitigen. Der Glaube schenkt uns allerdings diese innere Kraft, diesen Freimut und alle seine Variationen, um zu fragen: Was ist recht, auf wen soll ich hören?

Denn es gibt oft 2 Stimmen in uns: die der Hoffnungslosigkeit und der Angst, angesichts von all dem was passiert, des Zynismus, der ankündigt, dass Gott tot ist, oder des Materialismus, der alles betäubt. Und die, die leise, aber beständig, die Osterbotschaft spricht: Christus ist auferstanden, er hat den Tod besiegt.

Das entscheidet selbst, sagen die Apostel weiter, was bedeutet, dass sie sich für Christus entschieden haben und anderen die Möglichkeit schenken möchten, diese freimachende Begegnung selbst zu erleben. Sie wissen, dass es nichts Schöneres gibt, als vor Gott zu stehen und aus seiner unendlichen Freiheit zu leben. Und das gibt Mut, unerschrocken und offen zu reden über den, der unser Leben in seiner Hand hält.